prolog im filmhaus:
do., 5. mai '16, 20:00 uhr:
"Cecil Taylor in Paris", F / 1968 / 30 Min. / Prod. ORFT, dt. Fassung
Dokumentarfilm, Regie: Gérard Patris, Produzent: Luc Ferrari:
G
érard PATRIS und Luc FERRARI haben Cecil Taylor während seines Pariser Aufenhalts 1968 in den großen Sälen eines Hotels an der Place des Vosges getroffen und gefilmt. Zusammen mit einigen Musikern – dem Bassisten Ron SILVA, dem Saxophonisten Jimmy LYONS und dem Schlagzeuger Andrew CYRILLE – jammt er auf der Suche nach musikalischen Themen und Variationen. Die „Noten“, die sie spielen, entziehen sich aller vorgegebenen musikalischen Form. Ihre Musik wird genau in dem Augenblick verwirklicht, in dem sie erdacht wird. Sein Instrument, ein Klavier, auf dem er wild spielt und dem er die seltsamsten Klänge entlockt, ist für Cecil TAYLOR nur ein Werkzeug, um in einer eigenen Sprache seine Wünsche und Leiden auszudrücken; „die Musik kommt von innen“.
"Ornette Coleman - Made in America", USA / 1986 / 77 Min., engl. OV mit engl. UT,
Dokumentarfilm, Regie: Shirley Clarke:
„Was auch immer die Idee ist, es wird nie etwas sein, was du einer anderen Person so erklären kannst, dass sie es genau versteht ... also spiel einfach die Musik.“ So äußerte sich Ornette Coleman und so drehte Shirley Clarke ihren Film ORNETTE: MADE IN AMERICA, mit dem sie ihn porträtierte: Er beginnt mit seiner Symphonie „Skies of America“ und endet im Applaus. Dazwischen lässt sich die ehemalige Tänzerin auf die Musik ein, auf das bewegte Leben des Pioniers des Free Jazz, auf seine Bilder. Nebenher verhandelt sie Fragen des Dokumentarfilms, indem sie Talking Heads von TV-Bildschirmen rahmen lässt, eine Kindheit voller Diskriminierung, aber auch eine Mondlandung in Szene setzt.
& Workshopband Liveimprovisation zu einem Experimentalfilm
1. festivaltag:
fr., 6. mai '16, ab 19:30 uhr:
WORKSHOPBAND
Christof Thewes leitet verschiedene Ensembles und Musikprojekte von Solo bis Big Band, die sich zwischen modernem Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik bis hin zu experimenteller Rock, Funk und Popmusik bewegen; gegenwärtig realisiert er diese Musik als Komponist und Leiter in den Musikgruppen Squakk, Undertone Project (Duo bis Oktet) Modern Chamber Trio, in der Free Jazz Band Yahoos, in der Big Band Little Big Band, in den Neue Musik Ensembles Modern Chamber Trio (Ensemble), in der Avantgarde-Popgruppe Phase 4, in dem Soloprojekt Trombonealone und der Rock-Jazzformation The Matter of Taste; er spielt seit 2008 im Globe Unity Orchester und der Uli Gumpert Workshop Band und arbeitet im Bereich Literatur, Theater und Musik mit dem Schriftsteller, Filmemacher und Sprecher Alfred Gulden in der Formation Gulden–Thewes zusammen.
XU / HÜBSCH:
Xu Feng Xia hat in Deutschland viel mit Musikern des Freien Jazz zusammengearbeitet - allen voran dem verstorbenen Bassisten Peter Kowald. Das spiegelt sich in manchen Stücken wider, in denen sie die Grundmelodie in schnellen rhythmischen Fortschritten ausufern lässt und in Kreisbewegungen zerfasert, zu denen sie im nasalen und manchmal schrillen Pressgesang der chinesischen Tradition zu gurren und schnurren anfängt, schnalzt und scattet, bis das sich wieder zusammenfügende Thema nach einem Bassgewitter auf dem Instrument sanft ausläuft. Da ist gar ein kurzer Einschub im Drei-Viertel-Takt und eine jazzige Improvisation zu hören. Blue-Notes ähnlich verschmiert Xu Feng Xia die Töne, indem sie die „Yan Zhu“ genannten Stege unter den Saiten der Zither während des Spiels verschiebt und neue Stimmungen schafft. Die rechte Hand verändert durch Herabdrücken der Saiten noch die Tonhöhe, produziert Slide-Effekte. Schließlich lässt Xu Feng Xia zur Unterstreichung ihrer Vokalisen noch die Saiten des Instruments mit Slap-Effekten auf die Stege knallen. Schließlich hat die Künstlerin noch eine Percussionstechnik des Handballenspiels auf den angerissenen Saiten entwickelt, in der Melodie und Rhythmus untrennbar verschmelzen. (Klaus Muempfer)
Improvisierte Musik bzw. Neue Musik stehen im Mittelpunkt von Hübschs Schaffen. Er leitet eigene Ensembles, und ist gefragt als Mitspieler in unter- schiedlichen Kollektiven und Projekten.
"Meine Konzerte befassen sich mit dem Aspekt der Musik als Struktur in der Zeit.
Der Fokus liegt auf dem Moment des Entstehens. Emphase oder Dramaturgie werden immer wieder spielend gebrochen und in neuen Impulsen fortgeführt, wobei die „Selbstbestimmtheit“ des musikalischen Laufs konstanter Bezugspunkt ist.
Ein innovatives Klangfeld breitet sich aus, die Tuba wird aus einer neuen Perspektive dargestellt und das Publikum hört sich hören.“
ZIEGELE / THEWES / RODER / PRÄTZLICH:
Christof Thewes - posaune
Jan Roder - bass
Daniel Prätzlich - drums
"Ziegele ist ein getriebener, bis in den Free Jazz hinein explodierender Altsaxophonspieler. Er ist eine der bedeutenden Figuren des europäischen Jazz." (FAZ)
"In seinem quirligen und hyperexpressiven Spiel verwob Omri Ziegele Rasanz à la Charlie Parker mit Extravaganz à la Eric Dolphy und Ekstatik à la John Coltrane auf überzeugende und originelle Weise." (Der Landbote)
Neben seiner langjährigen Mitgliedschaft in der Großgruppe "Billiger Bauer" und der Working Band "Noisy Minority" spielt Ziegele z.Zt. u.a. in Formationen mit Han Bennink, Gerry Hemmingway, Urs Leimruber, Hans Koch, Ray Anderson und Irene Schweizer.
Der Bassist Jan Roder begann seine Karriere als Rockmusiker und lebte längere Zeiten in Brasilien. 1995 kam er nach Berlin, wo er mit Musikern wie Ulrich Gumpert, Ernst-Ludwig Petrowsky, Manfred Schoof, Uschi Brüning, Joachim Kühn, Aki Takase, Gunter Hampel, Rudi Mahall und Alexander von Schlippenbach Tourneen und Konzerte spielte.
Daniel Prätzlich ist als Schlagzeuger und Komponist im Bereich Jazz, Neue und Improvisierte Musik, Performance und Theater tätig. Er spielt u.a. im Duo Mop de Kop. im Peter Fulda Trio, bei Quatre Marteaux, im InZeit – Ensemble, bei Undertone Project, Pentelho und mit Art Zentral.
2. festivaltag:
sa., 7. mai '16, ab 19:30 uhr:
AUTOCHTHON:
Hartmut Oßwald - sax, bassclarinette
Die Trioformation AUTOCHTHON klingt wie sie heißt. Ihre Mitglieder sind Eingeborene des mitteleuropäischen Raums, als Einheimische sind sie bodenständig, als Weltbürger alteingesessen. Verwurzelt im Tradierten, offen für Impulse jedweder Freizügigkeit sind sie dem Klangreichtum der Neuen komponierten wie der Vitalität der Improvisierten Musik verbunden, beides bei hoher Temperatur verschmelzend. Die Trioformation AUTOCHTHON heißt wie sie klingt.
SCHUBERT SOLO:
"Schubert is one of the leading German saxophone players.
If you have ever seen him on stage you’ll hardly forget his performance."
Mit Simon Nabatov, Lindsey Horner und Tom Rainey spielte Matthias Schubert während der 1990er im Quartett. Mit Carl Ludwig Hübsch und Wolter Wierbos bildet er ein Trio. Mit Hübsch, Frank Gratkowski und Norbert Stein hat er das James Choice Orchestra gegründet. Weiterhin spielte er mit Karl Berger, Klaus König, Kathrin Lemke, Jeanne Lee, Joachim Ullrich, Andreas Willers, Xu Fengxia, Scott Fields, Uwe Oberg, Uli Böttcher und Alois Kott. 2001 wurde er als Dozent an die Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover berufen. (wikipedia)
DIE DICKEN FINGER:
Es ist vor allem das eigenwillige Gitarrenspiel von Olaf Rupp, das in die dröhnende Sound-Intensität des Trios immer wieder unvermutete Nuancen hineinbringt. Oft zunächst versteckt unter den energetischen Trommel- und Beckenwirbeln von Oliver Steidle und den irrwitzigen Bassläufen von Jan Roder blitzen fast sanfte Akkordarpeggien auf, fein ziselierte Tonkaskade oder wie in Zeitlupe pointilistische Klangtupfer. Rupp tut dies mit einer stupenden hintergründigen Virtuosität, die einer vordergründigen Effekthascherei den Weg versperrt und im spannenden Gegensatz steht zu der scheinbaren Derbheit dieser Musik. Aber auch die regelmäßig auftauchenden, blitzartigen Rhythmuswechsel von Steidle und Roders instrumentale Flexibilität am E-Bass, die ihn hier unter anderem auch mal zum Bogen greifen lässt, argumentieren gegen bloße Kraftmeierei. (SWR.de NOWJAZZ 12.04.2012)
Alle drei sind ja nun schon eine Weile für ihre tragende Arbeit in der Berliner Echtzeitmusik Szene bekannt mit Auftritten auf vielen Festivals in und außerhalb Europas. Jan Roder und Oli Steidle mit Der Rote Bereich, Soko Steidle, Die Enttäuschung. Olaf Rupp mit seinem Duo mit Michael Wertmüller, mit Weird Weapons und vielen hervorragenden Solo Performances. In diesem Trio nun werden die Grenzen der Improvisierten Musik bis weit in die Ästhetik des Hardcore und Offroad Grind verschoben. Ein, zugegeben, chaotischer Sprung ins Extreme, der verständlicher wird, wenn man sich klar macht, wie sehr in der Musik, wie in vielen anderen Lebensbereichen auch, gerade die sogenannte „Mitte“ und, schlimmer noch, die „Neue Mitte“ die eigentlich extremistische, zerstörerische Kraft darstellt. Chaos wird nur dann als verwirrend empfunden, wenn man es vom verwirrten Standpunkt der „Neuen Mitte“ aus betrachtet. Tatsächlich könnte diese Musik eine heilende Wirkung ausüben auf all die kranken "Sarranazis" unserer Zeit. (aus Pressetext Konzert, Hofheim 2012).