prolog im filmhaus, do., 6. april '17, 20:00 uhr:
Paul Lovens & Christof Thewes Live-Performance zu Experimentalfilm
Lovens ist als Musiker Autodidakt und spielte, seitdem er 14 Jahre alt war, in Bands, zunächst unterschiedlicher Jazzstile. 1969 konzentrierte er sich auf das freie Spiel. Seit 1970 spielt er kontinuierlich im Trio mit Alexander von Schlippenbach (Piano) und Evan Parker (Saxophon) und im Globe Unity Orchestra. Insbesondere in kleinen Gruppen arbeitet er weiterhin zusammen mit zahlreichen relevanten Musikern der europäischen Freien-Musik-Szene, war aber auch Mitglied des Berlin Contemporary Jazz Orchestra. Er gehörte zur Kernformation der VARIO-Projekte von Günter Christmann. Mit Rüdiger Carl, Hans Reichel und Shelley Hirsch bildete er die September Band.
1976 gründete er mit Paul Lytton das eigene Schallplattenlabel Po Torch, auf dem bis 1993 veröffentlicht wurde (darunter drei Duo-Alben der beiden Schlagzeuger). Paul Lovens lebt in Aachen und Nickelsdorf.
Christof Thewes leitet verschiedene Ensembles und Musikprojekte von Solo bis Big Band, die sich zwischen modernem Jazz, freier Improvisation und Neuer Musik bis hin zu experimenteller Rock, Funk und Popmusik bewegen; gegenwärtig realisiert er diese Musik als Komponist und Leiter in den Musikgruppen Squakk, Undertone Project (Duo bis Oktet) Modern Chamber Trio, in der Free Jazz Band Yahoos, in der Big Band Little Big Band, in den Neue Musik Ensembles Modern Chamber Trio (Ensemble), in der Avantgarde-Popgruppe Phase 4, in dem Soloprojekt Trombonealone und der Rock-Jazzformation The Matter of Taste; er spielt seit 2008 im Globe Unity Orchester und der Uli Gumpert Workshop Band und arbeitet im Bereich Literatur, Theater und Musik mit dem Schriftsteller, Filmemacher und Sprecher Alfred Gulden in der Formation Gulden–Thewes zusammen.
Dr. Wolfram Knauer: „Die subversive Kraft des Jazz“
Knauer leitet seit 1990 das Jazzinstitut Darmstadt, lehrte daneben an mehreren deutschen Hochschulen und Universitäten. Er ist Herausgeber der Darmstädter Beiträge zur Jazzforschung, sitzt im Herausgebergremium der internationalen Fachzeitschrift Jazz Perspectives und ist Autor etlicher wissenschaftlicher Beiträge in Büchern und Fachzeitschriften. Im Frühjahr 2008 lehrte er als erster nicht-amerikanischer Louis Armstrong Professor of Jazz Studies an der Columbia University in New York.
Seit Ende des 2. Weltkriegs wurde die politische Kraft der Musik erkannt – zuerst von der US-Propaganda, die Jazzmusiker als Musterbeispiel einer demokratischen Gesellschaft durch die Welt schickte, bald aber auch von der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, die vor allem auf die Friedensbotschaften des Folk setzte. Der Jazz aber war schon zuvor eine politische – oder zumindest eine politisch instrumentalisierte – Musik.
Wolfram Knauer wirft einen Blick (mit Filmausschnitten) auf sehr unterschiedliche Beispiele, in denen Jazzmusiker sich mit Politik auseinandersetzten. Das geht von der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland über die amerikanische Bürgerrechtsbewegung der 1960er Jahre bis in die jüngste Gegenwart. Ein ernstes Thema, das von Unterdrückung und Rassismus, zugleich aber auch von Optimismus und der heilenden Kraft der Musik handelt und nebenbei einen kulturellen Vergleich darüber erlaubt, wie Menschen mit dunkler Vergangenheit und Gegenwart umgehen, um sie ins Positive zu wenden.
Schlippenbach Trio „Aber das Wort Hund bellt ja nicht“,
Dokumentarfilm, Regie: Bernd Schoch, 48 Min.
"Bernd Schoch hat einen ungewöhnlichen und eindrucksvollen Jazz-Fim gedreht, der zwar aus dokumentarischen Aufnahmen besteht, aber weit über den Dokumentationsaspekt hinaus eine ganz eigene künstlerische Dynamik entwickelt." (Andreas Jüttner, BNN) "Der Film seziert ein Ereignis und setzt es im Kino wieder zusammen. Er verengt den Raum, dehnt die Zeit, und ermöglicht dadurch eine intensive Kino-Erfahrung mit dem Free Jazz des Schlippenbach-Trios. Und plötzlich wird das Unsichtbare hörbar und das Fragment gleichbedeutend mit dem Ganzen. Dieser Film ist mehr als ein Musikerportrait. Es ist auch ein Film, der auf radikale Weise von der Übersetzung, der Neuerfindung von Wirklichkeit im Dokumentarfilm handelt." (Artepreis Jury)
während der festivaltage: live-actionpainting von "Jorgo" Schäfer
Jürgen „Jorgo“ Schäfer ist Maler und Cartoonist, und er liebt Jazz – am meisten die freie, offene Form. Die Nähe zu dieser Musik ist gewachsen über Jahrzehnte, sie wurde initiiert und intensiviert durch die Freundschaft zu Peter Kowald (gest. 2002), dem Wuppertaler Free-Jazz-Bassisten und Mitbegründer des „vision festivals“. Diese Verbundenheit mit dem Jazz führte Jorgo Schäfer zu einem ganz eigenen künstlerischen Ausdruck. Er skizziert, er zeichnet, er malt, während die Musiker auf der Bühne spielen und improvisieren. Hören und Sehen sind im sinnlichen Wechselspiel, Aufnehmen und Ausagieren fallen ineins, Musik und Malerei laufen parallel. Parallelen treffen sich im Unendlichen: Hör-Bilder entstehen.
1. festivaltag fr., 7.april '17, 20:00 uhr:
kleines theater im rathaus, eingang unter den arkaden in der betzenstraße
WORKSHOPBAND
Leitung: Jan Roder
Der Bassist Jan Roder begann seine Karriere als Rockmusiker und lebte längere Zeiten in Brasilien. 1995 kam er nach Berlin, wo er mit Musikern wie Ulrich Gumpert, Ernst-Ludwig Petrowsky, Manfred Schoof, Uschi Brüning, Joachim Kühn, Aki Takase, Gunter Hampel, Rudi Mahall und Alexander von Schlippenbach Tourneen und Konzerte spielte.
OSSWALD / SCHMIDT / REIMERS / HONECKER / SCHMITZ
Hartmut Oßwald - saxophon
Martin 'Schmiddi' Schmidt - mandoline
Wolfgang Reimers - saxophon
Thomas Honecker - gitarre
Daniel Schmitz - trompete
Die exponierten Musiker aus dem Saarland & der Darmstädter/Frankfurter Szene kennen sich aus unterschiedlichsten Besetzungen. Seit vielen Jahren spielen sie in so bekannten Gruppen wie Yahoos, Undertone Project, Reimers-Honecker-Kraft uva. Speziell fürs Saarbrücker Freejazzfestival treten sie in dieser aussergewöhnlichen Besetzung zum ersten Mal gemeinsam auf, ohne Drums, aber mit der 'Kraft der zwei Herzen'.
DIE ENTTÄUSCHUNG
Rudi Mahall - bassclarinette
Jan Roder - bass
Michael Griener - drums
Axel Dörner - trompete
Christof Thewes - posaune
2. festivaltag sa., 8. april '17, 20:00 uhr:
festsaal, rathaus st. johann, haupteingang
GLOBE UNITY ORCHESTRA:
Gerd Dudek(fl, soprano, ts)
Henrik Walsdorff(as)
Evan Parker(ts)
Rudi Mahall (b-cl)
Axel Dörner (tp)
Christof Thewes (tb)
Paul Lovens (dr)
Alexander v. Schlippenbach (p)
Ernst-Ludwig Petrowsky (sax)
Ryan Carniaux (tp)
diverse Kleinformationen
& Orchester
"Das Unvorhergesehene als formbildende Kraft - 50 Jahre Globe Unity Orchestra", Auszug aus http://www.foerderverein-jazz.de/globe-unity-orchestra:
" … Am 3. November 1966 erklingt so auf der Bühne der Philharmonie - umrahmt von einer Komposition für Streichquartett und Jazz-Solisten des Komponisten Boris Blacher und von den bizarren kindlichen Free-Hymnen des amerikanischen Avantgardisten Albert Ayler - ein Werk des Pianisten Alexander von Schlippenbach für ein 14köpfiges Ensemble. Im Auftrag des Radios im amerikanischen Sektor (RIAS) hat er die führenden Musiker des gerade entstehenden europäischen Free Jazz aus den Bands von Manfred Schoof, Peter Brötzmann, Gunter Hampel zu einer Großensemble zusammengestellt. Die Komposition mit dem programmatischen Titel Globe Unity besteht aus einer strukturierten 19minütige Kollektivimprovisation, die bei Publikum und Kritik gleichermaßen Entsetzen und Jubel auslöst und rasch zum meistdiskutierten Ereignis des Festivals avanciert.
Ein Manifest des europäischen freien Jazz und der Startschuss für eine der unwahrscheinlichsten Unternehmungen der jüngeren Jazzgeschichte: eine frei improvisierende Bigband, die nun schon seit 50 Jahren und in ungebrochener Kreativität existiert und nach wie vor von Alexander von Schlippenbach durch die Gezeiten der musikalischen und gesellschaftlichen Entwicklungen geführt wird. ...
Nach all den auch stilistischen Entwicklungen ist der Fokus von Globe Unity wieder zum Ausgangspunkt zurückgekehrt – einer freien Form, die in der kollektiven Improvisation entsteht, die davon lebt, dass sich spezifische Musikerpersönlichkeiten mit bestimmten Erfahrungen, Spielhaltungen und einem gemeinsamen musikalischen Verständnis in einen offenen musikalischen Prozess begeben und aus der Dynamik des Augenblicks ein Werk gestalten.
„Die improvisatorische Verarbeitung dieser Impulse im grossen Ensemble ist ein komplizierter, von zahlreichen Faktoren abhängiger Vorgang, der sich empirischer Forschung weitgehend verschliesst, und es gibt nach wie vor kein Rezept für den Erfolg eines improvisierten Stückes. Reduziert auf ein solches Minimum an Konzept, das sich in unserem Fall von selbst ergeben hat und die Form bestimmt, kann es dann zu einer Entfesselung des improvisatorischen Potentials kommen, bei der auch das Unerwartete eintritt und aufzeigt, was Bernd Alois Zimmermann die „Utopie einer befreiten Musik“ genannt hat.“ [Schlippenbach 2002, im Begleitheft zu Globe Unity 2002]
Es geht hier also um eine ganz charakteristische und jazztypische Haltung – die Globe Unity in aller Radikalität lebt. Die Strahlkraft dieser Spielhaltung, die ja eigenlich eine Lebenshaltung ist, ist ungebrochen. Diese Musik kann Ihr Leben verändern. Die Musiker um Schlippenbach geben ein Beispiel, welche Energien freigesetzt würden, wenn wir uns wirklich dem Augenblick hingeben könnten, uns selbst und unserem Gegenüber auszuliefern wagten."
"Colossal, brutish, majestic, here is the world’s (greatest?) orchestra asserting its primal role in the aftermath of free jazz." -- Richard Cook, Jazz Express
Recorded live on November 4th, 1986, during the JazzFest Berlin, at the Philharmonic Hall in Berlin.
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Recorded by Jost Gebers during the Wuppertaler Free Jazz Workshop, March 23rd, 1974, in Wuppertal.
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epilog im zing, so., 9. april '17, 11:00 uhr:
café bar zing, rotenbergstraße 37
Jam-Sessions